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Steuern bei US-ETFs: Ist denn ein Fonds ein Fonds?

Letzte Aktualisierung: 26.03.2021.

Eine scheinbar widersinnige Frage. Hat aber, bezogen auf Nicht-EU-Investmentfonds und -ETFs durchaus seine Berechtigung. Steuerlich betrachtet! Gehört man nun zu denen, die z.B. Investmentfonds oder ETFs aus den USA in ihrem Bestand halten, so sollte man sich daher die Antwort gut überlegen …

Was ist mit „US-Fonds“ gemeint?

Fonds von US-Fondsgesellschaften? Fonds mit US-Aktien? Nein, … gemeint sind an dieser Stelle einfach Investmentfonds mit einer ISIN, die mit „US“ beginnt, und die somit der Gesetzgebung der USA unterliegen. Diese sind innerhalb der EU seit 2018 gar nicht mehr so leicht zu erwerben. Denn, seitdem regiert bei uns das MiFID II-Regime: Anlegern dürfen „verpackte Anlageprodukte“ nur noch dann angeboten werden, wenn ein Basisinformationsblatt (sog. Key Information Document – KID) vorliegt.

Oder in kurz: ohne KID kein Vertrieb des Fonds innerhalb der EU!

Dient natürlich alles nur dem Schutz des mündigen (?) Anlegers … Leider trifft diese Regelung mittlerweile auch Auslandsbroker, sofern sie vertrieblich im EU-Raum aktiv sind.

Was spricht überhaupt für Auslandsfonds?

Natürlich gibt es weltweit eine Vielzahl interessanter Investmentvehikel. Nur die wenigsten davon können dank MiFID II innerhalb der EU noch neu erworben werden. Auch wenn sich seit dem Inkrafttreten von MiFID II viele Fondsgesellschaften darum bemüht haben, eine passende, EU-konforme UCITS-Variante anzubieten, fallen doch weiterhin viele, besonders z.B. die bei Einkommensinvestoren beliebten, hoch ausschüttenden US-ETFs weiter unter den Tisch.

Oft ist es zudem so, dass die UCITS-Variante eines Fonds schlechtere Konditionen bietet, z.B. höhere Verwaltungskosten aufgrund geringerer Fondsvolumina.

Eine andere Frage ist nun, wie ich mir überhaupt noch weitere Anteile von Nicht-EU-Fonds ins Depot legen kann. Dies werde ich in einem anderen Blogbeitrag näher erläutern!

Wie Nicht-EU-Fonds seit 2018 zu versteuern sind

Bis Ende 2017 war alles noch ganz einfach. In einem deutschen Depot wurden solche Fonds mit Duldung der meisten Finanzämter als Aktien behandelt und die Steuer automatisch abgeführt. Gegebenenfalls hat man selbst die Anlage KAP eingereicht. Hielt man z.B. US-Fonds in seinem Auslandsdepot, musste man im Rahmen seiner Steuererklärung eben selbst aktiv werden. So weit, so gut!

Seit dem Jahr 2018 gilt jedoch das Investmentsteuergesetz (InvStG). Damit ist nun alles viel einfacher, ähem, hätte alles viel einfacher werden sollen. Ausschüttungen und Veräußerungen von Fonds, die nicht dem inländischen Steuerabzug unterlegen haben, egal ob es sich nun um EU-konforme Fonds oder um Auslandsfonds handelt, sind seitdem in der neuen Anlage KAP-INV zu deklarieren. Abhängig von der jeweiligen Aktienquote im Fonds gibt es sogenannte Teilfreistellungen bei der Steuerlast bis zu 30 Prozent. Noch besser: für noch nicht realisierte Erträge bei thesaurierenden Fonds darf man die berühmt-berüchtigte Vorabpauschale abführen. Viel Spaß beim Berechnen!

Alternative Meinung: ein Fonds ist doch kein Fonds

Zum Teil wird in deutschen Finanzblogs eine konträre Meinung vertreten. Nämlich die, dass Nicht-EU-Fonds keine Fonds im Sinne des deutschen Gesetzgebers seien. Zum Beispiel etwa hier oder hier von meinem Bloggerkollegen Luis Pazos, den ich im übrigen sehr schätze und auch schon öfter verlinkt habe. Er argumentiert dabei etwa wie folgt:

Investmentfonds im Sinne des InvStG sind nur UCITS-Fonds (also EU-konforme Fonds) und sog. Alternative Investmentfonds (AIF). Die AIF-Richtlinie (AIFMD) umfasst dabei alle Fonds, die nicht bereits von der UCITS-Richtline erfasst worden sind. Explizit erfasst die AIF-Richtlinie nur Fonds von Fondsverwaltern (egal ob aus der EU oder nicht), die ihre Fonds in der EU vertreiben möchten. Man kann also davon ausgehen, dass Fonds, die aufgrund der MiFID II-Richtlinie nicht in Deutschland gekauft werden können (für die es also auch kein Basisinformationsblatt – KID – gibt) auch nicht unter die AIF- oder UCITS-Richtlinien fallen.

Damit wären dann US-Fonds wie Aktien zu behandeln, und man könnte sich den ganzen Aufwand mit dem InvStG, also die Teilfreistellung und das Ausfüllen der Anlage KAP-INV samt Vorabpauschalen, sparen.

Nachfrage bei meinem Finanzamt

Nun, diese Argumentationskette konnte ich erst einmal nachvollziehen. In meinen Auslandsdepots befinden sich gleich mehrere Investmentfonds aus dem Nicht-EU-Ausland (d.h. die ISIN beginnt mit AU, CA oder US), m.a.W. also Fonds, die nicht der EU-Regulierung (OGAW bzw. UCITS) unterliegen. Nur fand ich es sehr schade, dass ich somit für erhaltene Ausschüttungen aus Aktienfonds keine Teilfreistellung beanspruchen kann.

Vor Abgabe der Steuererklärung für 2018 hatte ich daher sicherheitshalber per E-Mail direkt bei meinem Finanzamt nachgefragt. Ich war hocherfreut (und überrascht), bereits zwei Wochen später eine höchst detaillierte Antwort zu erhalten – nicht ohne den Hinweis natürlich, dass diese nicht verbindlich sei, und ich im Zweifel doch zum Steuerberater gehen solle. Hat man sich durch diesen, etwa eine DIN A 4-Seite langen Disclaimer gekämpft, wird es interessant. In kurz: auch Nicht-UCITS-Fonds sind in der neuen Anlage KAP-INV zu erfassen. Hier ein Zitat aus dem Schreiben des Finanzamts:

„Weshalb Sie den Eindruck haben, dass in der Anlage KAP-INV lediglich UCITS-Fonds zu erfassen wären, kann ich leider nicht nachvollziehen. Hier sind weltweite Fonds zu erfassen, somit auch solche, die nicht nach EU-Kriterien gegründet wurden.“

US-Fonds bei deutschen Depotanbietern? Eher nicht!

Wie dem auch sei. Sicherlich werden viele Privatanleger bei ihrem deutschen Broker noch US-Fonds im Bestand haben. MiFID II verhindert ja nur den direkten Nachkauf.

Wie auch das Portal JustETF ausführt, sind US-ETFs an sich genauso zu versteuern wie ihre EU-Pendants. Auch für sie gelten, abhängig von der jeweiligen Aktienquote im Fonds, seit 2018 Teilfreistellungen bei der Steuerlast von bis zu 30 Prozent. Jetzt kommt aber der Haken: Die Fondsanbieter müss(t)en mit einem Datenbankeintrag beim zentralen Anbieter WM Datenservice dafür sorgen, dass die Depotbank des Anlegers diese Freistellung berücksichtigen kann. In den meisten Fällen dürften diese Daten jedoch für US-ETFs nie vorliegen. Denn: Die vergleichsweise wenigen Anleger aus Europa dürften für die US-Anbieter einfach nicht relevant sein. Das wäre dann gegenüber UCITS-konformen ETFs ein deutlicher Nachteil. Nicht jedoch bei reinen Anleihen-ETFs, das es dort ja keine Teilfreistellungen gibt.

Meine Resümee also: Nicht-EU-Fonds vertragen sich einfach nicht mit einem deutschen Broker, sondern sollten besser gleich bei einem Auslandsbroker gehalten werden. Neben den steuerlichen Aspekten hat das auch den Vorteil, dass ich z.B. US-ETFs auf jeden Fall direkt an der (viel liquideren) Heimatbörse kaufen kann, daher der Spread viel geringer ist, und ich natürlich für gewöhnlich weitaus geringere Transaktionskosten habe.

Und noch ein Punkt: ich kann selbst sicherstellen, dass ein Return Of Capital (ROC), also eine Kapitalrückzahlung im Rahmen der Fondsausschüttungen, entsprechend steuerlich berücksichtigt wird. Kapitalrückzahlungen sind bei UCITS-ETFs eher unüblich, nicht aber bei US-ETFs! Mit der (Nicht-)Berücksichtigung von ROC bei ETFs habe ich durchaus schon (schlechte) Erfahrungen gemacht.

Erträge aus Auslandsfonds besser selbst deklarieren

Im Zweifel zahle ich bei einem deutschen Broker zu viel Steuer, weil, wie oben ausgeführt, keine Teilfreistellung erfolgt. Eine Teilfreistellung kann ich jedoch gegenüber dem Finanzamt bei Abgabe der Steuererklärung (inkl. Anlage KAP-INV) zur Not selbst beantragen. So schreibt das Bundesfinanzministeriums (BMF) in seinem Schreiben „Anwendungsfragen zum InvStG“ vom 21.05.2019:

20.2. Nachweis der Anlagegrenzen durch den Anleger (§ 20 Absatz 4 InvStG)
Für den Fall, dass die Anlagebedingungen eines Investmentfonds keine hinreichenden Aussagen zum Erreichen der Aktienfonds- oder Mischfonds-Kapitalbeteiligungsquote oder der Immobilienfonds- oder Auslands-Immobilienfondsquote (§ 2 Absatz 6, 7 und 9 sowie § 20 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 Satz 1 InvStG) enthalten oder keine Anlagebedingungen des Investmentfonds existieren, wird in § 20 Absatz 4 InvStG dem Anleger eine individuelle Nachweismöglichkeit eingeräumt. Wenn der Anleger hinreichende Nachweise vorlegen kann, aus denen sich ergibt, dass der Investmentfonds während des gesamten Geschäftsjahres die Aktienfonds- oder Mischfonds-Kapitalbeteiligungsquote oder die Immobilienfonds- oder Auslands-Immobilienfondsquote erreicht hat, wird die jeweilige Teilfreistellung im Rahmen des Veranlagungsverfahrens gewährt…

https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Investmentsteuer/2019-05-21-anwendungsfragen-zum-investmentsteuergesetz-in-der-am-1-januar-2018-geltenden-fassung-InvStG-2018.html

Käme auf der Ebene des deutschen Anlegers die Teilfreistellung nicht zur Anwendung, wäre dies eine sachlich nicht gerechtfertigte Benachteiligung ausländischer Fondsanlagen. Aus europarechtlichen Gründen hat der Gesetzgeber daher für den Anleger die Möglichkeit des individuellen Nachweises vorgesehen. Der individuelle Nachweis muss natürlich nicht immer gelingen, z.B. wenn sich in den Anlagebedingungen keine Angaben zu bestimmten Aktien- oder Immobilienquoten finden lassen. Bei US-Fonds spielen deutsche Anleger vielfach nur eine untergeordnete Rolle und bei der Fondsdokumentation wird das deutsche Steuerrecht nicht explizit berücksichtigt. Deswegen ist bei Neukauf eines solchen Fonds sinnvoll, darauf zu achten, dass diese Informationen möglichst bereits vorliegen. Wichtig ist jedenfalls, dass die jeweilige Anlagegrenze durchgehend, und nicht etwa nur zeitweilig, oder am Ende des Geschäftsjahres überschritten wurde.

Vorabpauschale selbst berechnen?

Für das Steuerjahr 2018 hielten sich die notwendigen Angaben in der Anlage KAP-INV noch in Grenzen, da es noch keine Vorabpauschale zu berechnen gab. Die Vorabpauschale war erstmalig in der Steuererklärung für das Jahr 2019 anzugeben.

Hält man nun viele Fondspositionen, ist die Berechnung der Vorabpauschale in der Tat sehr aufwändig. Aber warum, oder besser: für welche Art von Fonds wurde die Vorabpauschale denn eigentlich erfunden? Der Gesetzgeber wollte bei thesaurierenden Fonds sicherstellen, dass er seinen Anteil am Wertzuwachs nicht erst, im schlimmsten Fall, am Ende der Haltedauer erhält. Daher wurde die bisherige, eher unglücklich zu handhabende Besteuerung der „ausschüttungsgleichen Erträge“ durch die Vorabpauschale ersetzt.

Hält man nun ausschließlich ausschüttende Fonds, so ergibt sich, sofern mehr als nur homöopathische Dosen ausgeschüttet werden, bei der Berechnung jeweils eine Vorabpauschale von null. Eine Berechnung ist daher, speziell bei Hochausschüttern, eigentlich unnötig. Gegebenenfalls sollte man also sein Finanzamt davon überzeugen, in der Anlage KAV-INV die Berechnungen zur Ermittlung der Vorabpauschale leer zu lassen. Dies gelingt dann wohl am besten mit dem Nachweis erhaltener Ausschüttungen.

Kleiner Exkurs: Die „Vorabpauschale“ heißt zwar so, dennoch richtet sich die Steuerbelastung auf thesaurierte Erträge des jeweils gerade abgelaufenen Jahres. Also z. B. am 2. Januar 2019 auf die Erträge des Jahres 2018. Die Bezeichnung „vorab“ bezieht sich also lediglich auf den Vergleich mit einem späteren Verkaufszeitpunkt und nicht auf den Anfall der Erträge!

Apropos: ich hoffe, dass der Gesetzgeber nie, nie jemals auf die Idee kommt, eine solche Pauschale auch bei Aktien einzuführen … letztlich nämlich eine Steuer auf Erträge, die man noch gar nicht realisiert hat!

Bild von Steve Buissinne auf Pixabay

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