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Und es geht doch… vom Reseller direkt zu Interactive Brokers

Letzte Aktualisierung: 18.10.2023.

Eine ganze Reihe der auf dem deutschen Markt tätigen Broker sind eigentlich sog. Introducing Broker des US-Unternehmens Interactive Brokers (IB). Zu nennen sind hier etwa AGORA direct, BANX, CapTrader, FinoBroker, FXFlat, LYNX und Promisioo. Allen gemeinsam ist, dass sie als Backend Interactive Brokers nutzen, deutschsprachigen Support anbieten und zu den Gebühren von IB ihre eigene Marge draufschlagen. So mancher Anleger stellt sich daher nach einiger Zeit die Frage, ob er diesen „Zwischenhändler“ nicht umgehen kann, um fortan von den günstigeren Gebühren des „Originals“ zu profitieren. Über meine Erfahrungen zu diesem Thema lest Ihr hier!

Lohnt die Aussicht auf niedrigere Gebühren wirklich den Wechsel?

Vorneweg sollte man noch einmal für sich persönlich klären, ob ein aufwändiger Wechsel des Brokers wirklich im eigenen Interesse liegt:

  • Bei einer Buy-and-Hold-Strategie fallen etwa höhere Transaktionsgebühren kaum ins Gewicht. CapTrader z.B. ist trotz der fast doppelt so hohen Transaktionsgebühren im Vergleich zum Original IB immer noch viel billiger als die gängigen Direktbanken wie etwa comdirect, DKB oder ING.
  • Wenn ich nie auf Margin handele, kann es mir auch egal sein, dass z.B. AGORA direct für einen Margin-Kredit in USD bis zu 9,7 Prozent verlangt, während IB hier bereits mit 1,6 Prozent auskommt (Stand: 07/2021).
  • Zu bedenken ist auch, dass bei IB bei einen Depotwert unter 100.000,- EUR Depotgebühren anfallen, sofern in einem Monat nicht mindestens 10,- USD an Provisionen generiert werden.* Bei den deutschen Resellern liegen die Grenzen dagegen weitaus niedriger. Bei CapTrader ist man z.B. bereits mit einer Mindesteinlage von 2.000,- EUR dabei.
  • Versteht man bei englischsprachigem Reporting nur Bahnhof, ist es sicher auch besser bei dem gewohnten Anbieter zu bleiben 😉

Sollte man trotz allem einen Wechselwunsch hegen, schadet es sicher nicht, seinen Reseller einmal „kostenlos und unverbindlich“ darauf anzusprechen. Eine Möglichkeit besteht ggf. darin, dass der Reseller einem bei den Konditionen entgegen kommt.

* Update: IB hat sein zum 01.07.2021 Gebührenmodell umgestellt. So hat mir IB im September 2021 geschrieben:

Monthly Account Inactivity Fees Eliminated
As of July 1, 2021, we eliminated inactivity fees for most account types, so there is no longer a USD 10 charge for not maintaining a minimum balance or transaction activity with your account. The change will be reflected on August 2021 account statements.

Parallele Accounts bei mehreren Introducing Brokern?

Wer bereits bei einem der verschiedenen Introducing Broker einen Account besitzt, kann sich ohne Probleme bei einem weiteren Introducing Broker einen zweiten Account einrichten. So profitiert man jeweils von den unterschiedlich vorteilhaften Konditionen. Für einen günstigen Margin-Kredit lohnt sich z.B. das Einrichten eines Accounts bei Promisioo. Der erst neu auf dem Markt befindliche Reseller bietet hier exakt die gleichen Konditionen wie IB selbst an (Stand: 06/2021).

Seitens IB und auch seitens der Reseller gibt es hierbei keinerlei Beschränkungen. Wichtig ist nur, dass man sich jeweils mit den gleichen Daten angemeldet hat, damit das System erkennt, dass der Gläubiger jeweils der gleiche ist. Interne Depotüberträge, also der Transfer von Positionen innerhalb der Interactive Brokers-Welt, können dann mit ein paar Klicks sogar direkt im Kundenportal vorgenommen werden – kostenfrei, versteht sich!

IB schreibt hierzu für nicht US-Kunden:

IBKR-Kunden können Ihre Vermögenswerte ganz oder teilweise von einem IBKR-Konto auf ein anderes, dazu passendes IBKR-Konto übertragen. Dabei gelten folgende Regeln:
– Die Kontobezeichnungen beider Konten müssen übereinstimmen
(Anmerkung: Mit „Kontobezeichnung“ sind Name und Vorname gemeint)
– Das Land des Haupt(wohn)sitzes muss bei beiden Konten übereinstimmen.
– Bei nicht US-amerikanischen Kunden müssen sich folgende Informationen decken: die Ausweis-/ID-Nummer, die Art des Ausweisdokuments (Reisepass, Führerschein, Personalausweis oder Greencard) und das Ausstellungsland des Ausweisdokuments.

https://www.interactivebrokers.eu/de/index.php?f=6364&p=transfer1

CapTrader schreibt zum Thema „interner Positions-Transfer“:

Wenn Sie bei CapTrader mehrere Depots, die auf denselben Namen lauten, eröffnet haben oder Positionen von anderen Interactive Brokers Konten (und deren Partnern) transferieren möchten, können Sie einen internen Transfer vornehmen. So können Sie Wertpapierpositionen zwischen Ihren Depots umschichten.

https://www.captrader.com/de/konto-depot/fragen-und-antworten/client-portal/interner-positions-transfer

Wie ich selbst erfahren musste (s.u.), ist eine weitere Voraussetzung allerdings, dass sich beide Accounts in der gleichen Entity befinden, also z.B. jeweils Interactive Brokers Ireland (IBIE). Dies dürfte allerdings bei den deutschen Resellern von IB allermeistens der Fall sein.

Interner Transfer von (Währungs-)Guthaben

Gleiches gilt übrigens für den interne Transfer von Guthaben. Die Übertragung von Einlagen, also etwas von dem USD-Konto des einen Account auf das andere, funktioniert nur innerhalb einer Entity, nicht jedoch z.B. von IBIE zu IBIE, wie ich es in meinem Fall probiert habe.

Der Transferprozess wird in der Kontoverwaltung angestoßen, unter „Guthaben übertragen“ im Menü „Transfer & Zahlen“. Bei mir war es interessanterweise so, dass das System bereits „wusste“, dass ich ein weiteres Konto bei IB habe, und mir auch deshalb direkt die Account-ID dieses Kontos angezeigt hat. Wenn ich mit dem Prozess dann aber weiter fortfahre, ich mich sogar mit der Smartphone-App verifizieren muss, endet dies letztlich mit einer Abweisung des Transfers – zu sehen auch im Menü „Transfer & Zahlen“ unter „Transaktionsstatus & Verlauf“. Der Support von CapTrader hat mir dann ebenfalls bestätigt, dass ein direkter Guthabentransfer zu IBCE nicht möglich sei.

Was also bleibt: die (kostenlose) Auszahlung auf ein definiertes Referenzkonto, und von dort wiederum die (ebenso kostenlose) Überweisung auf das andere Depot. Da man jedoch eventuelle Fremdwährungsguthaben vor der Überweisung erst einmal in EUR umwandeln muss, bleibt man letztlich auf den Kosten des Währungstausches sitzen. Zum Glück sind die bei Interactive Brokers und Resellern ja recht niedrig.

Direkter Depotumzug vom Reseller zu Interactive Brokers

Das ist genau die Art von Umzug, um die sich im Internet die meisten Mythen ranken. Manche berichten aber auch, dass ihnen dies geglückt sei. IB selbst schreibt dazu:

Can I open an account directly with IBKR after closing my Introducing Broker account?
Some Introducing Brokers require a 6 month cool-down period before you can open an account directly with IBKR. Please check directly with your Introducing Broker to determine if there are any restrictions.

Cool-Down-Period heißt, dass man zuerst sein altes Depot auflöst (d.h. alle Positionen veräußert oder zu einem anderen, externen Broker verschiebt), und dann ein halbes Jahr (!) warten muss, bis bei IB direkt ein neuer Account geöffnet werden kann.

Es ist nun allerdings nicht so, dass man seinen alten Account zuerst kündigen müsste, um einen neuen Account bei IB einzurichten. Im Internet wird berichtet, dass man für die Anmeldung, damit diese funktioniert, bei IB vorsichtshalber eine andere E-Mail-Adresse und einen anderen „Proof of Identity“ benutzen solle (z.B. Driver‘s license anstatt National ID).

Einrichtung eines Accounts bei Interactive Brokers: meine eigene Vorgehensweise

Selbst bin ich seit geraumer Zeit Kunde von CapTrader. Die Einrichtung eines weiteren Accounts bei einem anderen IB-Reseller kam für mich nicht in Frage, so dass ich es einfach direkt über die deutschsprachige Website von IB versucht habe, parallel zu meinem Reseller-Account einen Account bei IB einzurichten.

Die Einrichtung des Accounts an sich vollzog sich problemfrei: Außer einer anderen E-Mail-Adresse habe ich, anders als verschiedentlich vorgeschlagen, exakt die gleichen Daten wie bei meinem Reseller-Account verwendet. Im Ganzen hat der Prozess, mit einer Überweisung auf des neue Depot über ein Wochenende, lediglich drei Tage gedauert. Als Account-Entity wurde, für mich überraschend, Interactive Brokers Central Europe (IBCE), also letztlich Ungarn, ausgewählt. Irland (IBIE) oder Luxemburg (IBLUX) hätte ich da als naheliegender empfunden 😉

Allerdings hat das System durchaus „bemerkt“, dass ich bereits einen Reseller-Account habe: Innerhalb des automatisierten Anmeldeprozesses wurde mir nämlich folgendes angezeigt:

Do you have already have an open account of the same type?
Please provide the reason why you are requesting an additional account of the same type as the open and active account(s).

Ich vermute, dass diese Rückfrage aufgrund der o.g. „Kontobezeichnung“ getriggert wird. Als Grund habe ich, durchaus wahrheitsgemäß, „Segregation of various asset classes“ angegeben. Konkret war mein Plan, alle meine (nicht-EU-)ETFs ab sofort in dem neuen IB-Account halten.

Wie oben bereits erwähnt, war es mir leider nicht möglich, nach der Einrichtung des neuen Accounts die gewünschten Positionen per „internem Positions-Transfer“ von CapTrader zu IB zu verschieben. Der Hintergrund ist, dass mein CapTrader-Account im Zuge des Brexits Anfang 2021 von UK (IBUK) nach Irland (IBIE) umgezogen wurde, der neue Account bei IB jedoch in Ungarn (IBCE) eingerichtet wurde. Damit ist ein Positionstransfer nur noch per „Manual Transfer“ möglich.

Der Umzug meiner Depotpositionen

Im Vorhinein hatte ich nicht geahnt, dass ich derartig viel Geduld würde mitbringen müssen … alles in allem hat der Prozess bei mir ca. zwei Monate (!) gedauert. Wenn man weiß, was auf einen zukommt, geht das sicherlich auch noch etwas schneller … doch der Reihe nach:

  • Angestoßen habe ich den Positionstransfer durch eine formlose Anfrage über das Mitteilungscenter. Zu diesem Zeitpunkt war mir allerdings noch nicht klar, dass ein simpler interner Transfer hier gar nicht funktioniert. Stattdessen dachte ich, etwas bei meinen persönlichen Angaben falsch gemacht zu haben. In der Online-Hilfe wird das Thema „Account-Entity“ nämlich nicht weiter erläutert. Vermutlich, weil es bis zum Brexit Anfang 2021 für EU-Kunden im Wesentlichen nur die IBUK-Entity gab.
  • Drei Tage später wurde ich via Mitteilungscenter darüber aufgeklärt, dass in meinem Fall nur ein manueller Transfer möglich sei. Daher habe ich in der Antwort formlos alle Positionen aufgeführt, die ich verlagern wollte.
  • Einen Tag später wurde mir berichtet, dass meine Anfrage jetzt einer „Initial Review“ unterläge, und ich danach noch einmal Feedback bekommen würde.
  • Zwei Wochen später war es dann endlich soweit – und jetzt wurde es erst richtig aufwändig: drei Punkte (die ich gleich näher erläutere), waren jetzt noch abzuarbeiten. Schlussendlich folgte noch ein langer Disclaimer, was alles nicht ginge, und worauf man achten solle …
  • Erstens musste ich einen unterschriebenen „Letter of Authorization (LOA)“ zurücksenden, zusammen mit einer „Proof of Identity“, also etwa einer Personalausweis-Kopie. Ok, so weit so einfach.
  • Zweitens sollte eine „Verbal verification“ durchgeführt werden. Glücklicherweise hatte ich für den dafür notwendigen Anruf im Call-Center von IB eine kostenfreie Nummer gewählt. Im Telefon-Menü hatte ich hierzu, auf gut Glück, die Ziffer für „Account Configuration, Statements, Fees, Corporate Actions & General Assistance“ gewählt, und dann „General Assistance“. Und dann etwa 15 min. in der Leitung gewartet. Der Call Center-Mitarbeiter, der sich meiner annahm, saß in meinem Fall nicht etwa in Ungarn oder sonst wo in (Zentral-)Europa, sondern, Ihr ahnt es schon, in Indien. Das Gespräch war selbstredend komplett auf Englisch. Als erstes sollte man auf die Ticketnummer verweisen, die man im Laufe der Online-Kommunikation vorab bekommen hat. Zweimal erfolgte im Gesprächsverlauf eine Verifizierung der eigenen Identität über die IB-Smartphone-App (ggf. also App-PIN bereithalten!) – schlecht wenn man über sein Smartphone angerufen hat 🙂 Folgende Daten wurden bei mir telefonisch abgefragt:
    – die drei Sicherheitsfragen, die man selbst beim Neuanlegen des Accounts definiert hat.
    – die ID des alten (Quell-)Accounts und des (Ziel-)Accounts.
    – der Account Title (das sollte für alten und neuen Account der gleiche sein, und aus dem/den Vor- und Nachname(n) bestehen).
    – die Frage, ob es sich um einen Komplett- oder Teiltransfer von Assets handelt (in meinem Fall: Teiltransfer aller ETFs).
    – die Angabe (eher: das Buchstabieren) ALLER (!) Papiere, die transferiert werden sollen (Symbol/Kürzel und Anzahl) – hey, warum habe ich die Papiere denn bereits schon alle im Ticketsystem aufgeführt!?
    Ihr seht es schon: es ist gut, immer alle Account-Daten direkt vor sich zu haben …
  • Drittens benötigte ich eine (schriftliche oder mündliche) Bestätigung meines IB-Resellers, also CapTrader, dass sie mit dem Transfer einverstanden sind. Dieses ok habe ich, nachdem mich ein Mitarbeiter von CapTrader auf meine E-Mail hin zurückgerufen hat, tatsächlich auch ohne Probleme bekommen.
  • Dann hieß es: warten … und einen knappen Monat (!) später waren die Papiere endlich transferiert. Interessanterweise „am Stück“, d.h. alle Papiere zum gleichen Termin.

Übrigens, wer wegen der korrekten Einstandspreise bzw. Anschaffungskosten Bedenken hat, den kann ich beruhigen: Das Feld „Cost Basis“ wurde korrekt übernommen. IB hat mir dazu geschrieben:

Please note, cost basis has also been transferred from the old statement, however cost basis information as shown on the statements may change depending upon various IRS regulations and factors.
Kindly elaborate on your query on online resource data fields that you are looking for.

Belege seiner alten Wertpapiertransaktionen sollte man natürlich sicherheitshalber trotzdem aufbewahren.

Die parallele Nutzung zweier Accounts bei Interactive Brokers

Die beiden Accounts bei CapTrader und IB konnte ich bisher ohne Probleme parallel nutzen:

  • Die Bedienung beider Online-Auftritte ist, erwartungsgemäß, praktisch identisch.
  • Für die 2-Faktor-Authentifizierung nutze ich auf dem Smartphone beide Apps, die von CapTrader und von IB (IBKR), parallel.
  • Cash kann über die Kontoverwaltung ebenso ohne weiteres zwischen beiden Accounts hin- und hergeschoben werden.
  • In meinem Browser am PC wird auf der Login-Seite zeitweilig das falsche Logo (CapTrader statt IB) angezeigt. Davon sollte man sich nicht irritieren lassen. Weitere Auswirkungen hat dies nicht.

Mein Resümee

Ich muss gestehen, dass das ganze Procedere, einen Account bei IB einzurichten und Teile meines Depots dorthin zu transferieren, letztlich viel aufwändiger war, als ich es mir erträumt hätte.

Die niedrigeren Gebühren, insbesondere auch beim Thema Margin-Kredit, sind dann aber doch eine gute Entschädigung für den Aufwand. Meinen Account bei CapTrader behalte ich vorerst weiter.

Kleiner, positiver Nebeneffekt noch, was die Absicherung des Depots der Entity IBCE angeht: Der Hungarian Investor Protection Fund steht für max. 100.000,- EUR Depotwert gerade, allerdings nur bis ca. 2.800,- EUR zu 100 Prozent, danach zu 90 Prozent. Nicht toll, aber immer noch besser als die 20.000 EUR der Entity IBIE.

Wie sind denn Eure Erfahrungen mit einem Wechsel zu Interactive Brokers?

Bild von Lorenzo Cafaro auf Pixabay

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