Letzte Aktualisierung: 18.10.2023.
Ich denke, ob der Vielzahl von Argumenten pro und contra Auslandsdepot (siehe meinen vorherigen Beitrag) ist eines klar geworden: den einen optimalen Broker für alle Anwendungsfälle gibt es nicht. Vor allem im Falle eines breiteren Anlagespektrums. Stattdessen macht es meiner Erfahrung nach Sinn, abhängig vom Anlagevehikel unterschiedliche Depotanbieter zu wählen.
„Normale“-Aktien
Die Brokerwahl kann bei marktgängigen Aktien je nach Vorliebe und Kostenstruktur erfolgen. Für ein Auslandsdepot sprechen jedoch oft die Marktbreite und günstige Handelbarkeit im speziellen bei angelsächsischen Aktien. Geht es dagegen eher um Blue Chips, ist die Wahl eines günstigen deutschen Brokers absolut kein Fehler. Hierfür spricht v.a. auch der viel geringere Aufwand mit der Steuer. Vor allem: Auslandsbroker rechnen bei den Aktiengewinnen gerne mal falsch, d.h. anders als das deutsche Finanzamt es will.
Wie bereits hier erwähnt, bietet ein Auslandsdepot auch für deutsche Aktien bzgl. der Abgeltungsteuer keinerlei Vorteile, da diese direkt von der inländischen Zahlstelle einbehalten und abgeführt wird. Gerne erspare ich mir auch den Aufwand, für deutsche Aktien bei einem Auslandsbroker gedanklich zwischen der deutschen Abgeltungssteuer als abgeführte deutsche Quellensteuer und sonstigen abgeführten Quellensteuern für ausländische Wertpapiere unterscheiden zu müssen …
„Spezielle“ Aktien wie „unechte Fonds“, US-REITs und CEFs
Einige Aktien gelten dem deutschen Gesetzgeber seit der Investmentsteuerreform 2018 womöglich als AIF (alternative Investmentfonds). Beispiele sind BB Biotech, OHI oder auch viele US-REITs (ein US-REIT ist kurioserweise kein REIT im deutschen Sinne, siehe hierzu auch diesen lesenswerten Beitrag auf dem Domikratie-Blog).
Hier würde ich, um mir die Behandlung als Fonds mit allen Unannehmlichkeiten wie fiktive Veräußerung, Vorabpauschale etc. zu ersparen, eher ein Auslandsdepot wählen. Idealerweise bei einem Broker, der die MiFID II-Richtline nicht beachten muss. Dann kann es auch nicht passieren, dass der Broker plötzlich der Ansicht ist, dass der spezifische Titel unter MiFID II fällt und daher nicht mehr handelbar ist. Auch die Marktbreite und günstige Handelbarkeit sprechen wiederum eher für ein Auslandsdepot.
Hinzu kommt, dass ich dann auch eher „mein eigener Herr“ bei dem Handling von Kapitalrückzahlungen (Return Of Capital – ROC) bin. Bei US-REITs und CEFs ist es üblich, dass ein Teil der Ausschüttungen als ROC erfolgt. Die genaue Deklarierung, welcher Teil der Ausschüttung ROC ist, erfolgt erst im Folgejahr. Bis dahin hat man also erst einmal zu viel Quellensteuer bezahlt. Ein deutscher Broker führt dann auch gleich erst einmal zu viel Abgeltungsteuer ab, nur um dann im Folgejahr eine Vielzahl von Korrekturbuchungen durchzuführen.
Bei der Wahl der steuerlichen Verrechnungstöpfe kann ein Auslandsdepot ebenfalls von Vorteil sein. Für AIF ist der Verrechnungstopf „Sonstiges“ eigentlich der richtige. Bei CEFs (Closed-End Funds) kann man sich sicherlich streiten, welcher Verrechnungstopf denn nun wirklich der „richtigere“ ist. Meines Wissens nach hat sich allerdings noch kein Finanzamt beschwert, wenn man für CEFs den Aktientopf gewählt hat. Gleiches gilt meist für US-REITs, obwohl diese eigentlich eher Fonds (AIF) sind …
Einer „der“ Anbieter für ein Auslandsdepot, sofern die Einschränkung bzgl. MiFID II keine Rolle spielt, ist sicherlich Interactive Brokers (IB).
US-Investmentfonds & US-ETFs
US-Fonds fallen innerhalb der EU seit 2018 unter die MiFID II-Richtline. Daher sind sie bei vertrieblich in der EU tätigen Brokern für Retail-Kunden nicht (mehr) handelbar. Aus den gleichen Gründen wie im Absatz davor erläutert, empfehle ich daher ein Auslandsdepot. Allerdings sollte man sich darüber im Klaren sein, dass man sich dann mit der (neuen) Anlage KAP-INV herumschlagen muss. Um die Berechnung der Vorabpauschalen und Teilfreistellungen muss man sich dann selbst kümmern. Oder man überzeugt sein Finanzamt, US-Fonds wie Aktien zu behandeln. Dann hat man aber auch keine Chance auf eine Teilfreistellung der Erträge.
Summa summarum würde ich den Kauf von US-Investmentfonds und -ETFs wirklich nur dann empfehlen, wenn keine gleichwertigen, MiFID II-konformen EU-Gegenstücke erhältlich sind.
Allerdings: Sofern es sich bei den im Bestand befindlichen US-Fonds ausschließlich um Hoch-Ausschütter handelt, kann ich mir zumindest die Berechnung der Vorabpauschale ersparen. Diese ist ja nur für thesaurierende Fonds relevant.
Weitere Infos zum Thema US-ETFs und deren steuerliche Behandlung in Deutschland findet Ihr hier.
EU-Investmentfonds & -ETFs
Hier sind Fonds gemeint, die gemäß der UCITS-Richtlinie (bzw. auf deutsch, der OGAW-Richtlinie) aufgelegt wurden. Diese besitzen von daher eine Vertriebszulassung in der EU und sind somit MiFID II-konform.
Bei EU-Fonds würde ich unbedingt einen deutschen Depotanbieter wählen. Am besten einen reinen Fondsdepot-Anbieter wie ebase, FFB oder Fondsdepot Bank. Je nach Vorliebe und Konditionen kommt natürlich auch eine deutsche Depotbank in Frage. Im Einzelnen sollte man hier Kaufkosten, Ausgabeaufschläge & Kickbacks der Verwaltungsgebühren (nur bei aktiven Fonds) sowie die Kosten für Sparpläne beachten. Was ich hier wann genau empfehle, dazu bald im Rahmen eines separaten Artikels mehr!
Falls ich dennoch einen Auslandsbroker für UCITS-Fonds und -ETFs wähle, habe ich es definitiv mit der Anlage KAP-INV zu tun. Dann „darf“ ich Ausschüttungen, Gewinne und Verluste sowie Vorabpauschalen selbst errechnen. Kein Spaß, wenn es sich um eine größere Zahl von Positionen handelt …
Bild von Arek Socha auf Pixabay