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DEGIRO: ab November 2021 schlechtere Konditionen bei Wertpapierkredit und Währungstausch

Letzte Aktualisierung: 19.11.2021.

Der niederländische Broker DEGIRO, der mittlerweile zu Flatex gehört, ändert seine Preise! Tituliert wird dies als „Änderungen in der Kundenvereinbarung“. In Wirklichkeit werden die Preise in Teilbereichen massiv erhöht. Betroffen sind v.a. Kunden, die Wertpapiere auf Pump (sprich: via Wertpapierkredit) erwerben. Allerdings: manches wird auch günstiger. Was sich nun genau ändert, und wo man schleunigst aktiv werden muss, darauf gehe ich im nachfolgenden Blogbeitrag ein.

Anfang Oktober 2021 wurde ich mal wieder von DEGIRO per E-Mail angeschrieben. Regelmäßig schwant mir dabei nichts Gutes, denn in meiner Kundenbeziehung hat sich seit 2018 bereits eine lange Liste von Verschlimmbesserungen aufgetürmt – dazu aber später mehr!

Das Anschreiben von DEGIRO

Hier also Auszüge aus dem Schreiben im Original-Wortlaut:

Aktualisiertes und vereinfachtes Preisverzeichnis
Wir möchten Sie über die bevorstehenden Änderungen unserer Kundenvereinbarung informieren.
Da wir unsere Dienstleistungen ständig verbessern, stellen diese Änderungen sicher, dass unsere Kundenvereinbarung weiterhin auf unser Unternehmen abgestimmt ist und den aktuellen Verbraucherschutzvorschriften entspricht.

Weiter heißt es da:

Für uns bei DEGIRO ist es wichtig, dass unsere Konditionen verständlich sind. Das gilt auch für unser Preisverzeichnis. Wir haben dies zum Anlass genommen, unser Preisverzeichnis sorgfältig zu überprüfen, zu vereinfachen und zu aktualisieren.

Ich habe ja noch nie verstanden, warum Unternehmen nicht einfach ganz offen mit ihren Kunden kommunizieren können, und Preiserhöhungen einfach offen aussprechen. Aber nein, im Marketing-Sprech ist meist nur von „Änderungen“ oder „Anpassungen“ die Rede … Eine „Vereinfachung“ kann ich ebenfalls nicht wirklich erkennen. Ich muss allerdings zugeben, dass tatsächlich in einigen Bereichen die Preise gesenkt werden, so etwa im Handel an der Börse Frankfurt oder bei einigen Auslandsbörsen. Hier sollte jeder einfach selbst genauer nachsehen, ob die Änderungen für ihn selbst von Vor- oder Nachteil sind. Das neue Preisverzeichnis findet Ihr hier.

Sehr fair finde ich allerdings, dass DEGIRO, wenn auch erst am Ende des Anschreibens und in kleinerer Schriftgröße, einen Vergleich zwischen dem alten und dem neuen Preisverzeichnis zur Verfügung stellt.

Höhere Zinsen für den Wertpapierkredit

Der Hammer ist allerdings im Preisverzeichnis weiter hinten versteckt:

Wenn man sich einen Wertpapierkredit zuteilen hat lassen, steigt für alle Währungen der Zinssatz auf 3,00 Prozent. Bisher war etwa die Regelung für den EUR

EONIA (Minimum von 0) + 1,25%)

Anmerkung: Der EONIA ist der Euro Overnight Index Average, ein auf Basis tatsächlich getätigter Umsätze berechneter Durchschnittszinssatz für Tagesgeld im Euro-Interbankengeschäft und ist z.Zt. negativ. Aktuelle Werte findet Ihr z.B. hier.

Das heißt, die Sollzinsen für einen Wertpapierkredit in EUR betrugen derzeit bisher lediglich 1,25 Prozent. So eine Anhebung ist schon starker Tobak und dürfte so manche Anlegerkalkulation durcheinander bringen.

DEGIRO nähert sich hier also den Zinssätzen vieler Wettbewerber an, etwa der comdirect mit derzeit 3,90 Prozent oder der Onvista Bank mit 4,25 Prozent p.a.

Wenn man sich keinen Wertpapierkredit hat zuteilen lassen, und z.B. kurzfristig sein Konto überzieht, werden nach altem wie neuem Preisverzeichnis weiter 4 Prozent fällig.

Was kann man als Betroffener tun?

Ok, klingt banal, aber wenn irgendwie möglich, sollte man den Wertpapierkredit von DEGIRO nicht mehr nutzen, oder zumindest die Kredithöhe verringern.

Für die Folgemonate, also ab November 2021, sollte man daran denken, die gewünschte Zuteilung ebenfalls entsprechend zu verringern. Denn, für den in der Zuteilung festgelegten Betrag bezahlt man auf jeden Fall Sollzinsen, egal, wie hoch die tatsächliche Inanspruchnahme letztlich ist:

Hat man sich z.B. 10.000 Euro zuteilen lassen, kosteten diese bisher ca. 10,40 EUR im Monat. Ab November 2011 sind 25,- EUR fällig. Immerhin ein Anstieg von 240 (!) Prozent …

Eine Möglichkeit könnte sein, kurzfristig Geld von einem anderen Depot oder Konto mit günstigeren Konditionen erst einmal bei DEGIRO zu parken. Mittel- und langfristig sollte man dann über seine Kundenbeziehung zu DEGIRO genauer nachdenken 😉

Währungstausch ebenfalls teuer

Das ist jedoch noch nicht alles. Der Währungstausch wird fortan ebenfalls teurer. DEGIRO hat (bei Nutzung der AutoFX-Funktionalität, also des automatischen Umtauschs von Fremdwährungen in EUR) bisher 0,1 Prozent des Betrags als Umtauschgebühr einbehalten. Das war vergleichsweise wenig. Deutsche Broker nehmen meist mehr, z.B.

  • Onvista Bank 0,50 Prozent,
  • Smartbroker 0,45 Prozent und
  • Trade Republic 0,14 Prozent

(jeweils Stand 06/2021). Die comdirect greift gar auf ungünstigere, hausinterne Zinssätze der Commerzbank zurück.

Jetzt steigt die Umtauschgebühr bei DEGIRO für alle Fremdwährungen auf 0,25 Prozent. Nicht so toll, aber immer noch billiger als bei vielen Wettbewerbern.

Besteht mein Portfolio vornehmlich aus nicht EU-Werten, dann sind die Kosten des Währungstauschs durchaus ein Thema. Allerdings macht sich dies vornehmlich bei höheren Beträgen, also etwa Käufen und Verkäufen bemerkbar. Bei Dividendeneinahmen aus dem Ausland sind die Umtauschgebühren entsprechend weniger relevant:

Bei angenommenen 0,1 Prozent Gebühren fallen bei jährlichen Dividendenzahlungen von 10.000,- Euro gerade mal 10,- EUR an, bei 0,25 Prozent immerhin schon 25,- EUR.

Würde einem dieser Betrag als jährliche Depotgebühr abverlangt, wäre sicher mancher preissensible Anleger schon verstimmt!

Lange Reihe von Verschlechterungen

Ich hatte es ja bereits weiter oben angedeutet. Seitdem ich Kunde geworden bin, haben sich die Konditionen bei DEGIRO laufend verschlechtert, in vielerlei Hinsicht. Hier also meine persönliche Chronologie der Ereignisse …

  • Angelockt wurde ich 2018 durch die wirklich günstigen Transaktionskosten und die Verheißung, über die Schweizer Dependance von DEGIRO weiterhin nicht MiFID II-konforme Titel, die oft besonders für Einkommensinvestoren interessant sind (z.B. Nicht-EU-ETFs), erwerben zu können. Die MiFID II-Richtline, die mehr Transparenz und mehr Anlegerschutz bringen soll(te), trat Anfang 2018 in Kraft und ist seitdem für Finanzinstitute mit Vertrieb in der EU bindend.
  • Mit den nicht-MiFID II-konformen Papieren war bei DEGIRO dann schon Anfang 2019 Essig: entsprechende Papiere können seitdem, auch über die Schweizer Dependance, nicht mehr gekauft werden. Hätte man ja eigentlich den Schweizern weiterhin erlauben können. Schließlich ist die Schweiz nicht an EU-Recht gebunden.
  • Quellensteuerermäßigung bei US-Papieren? 15 statt 30 Prozent. Sollte zum Standard gehören. Seit 2020 bei DEGIRO aber nicht mehr für alle US-Papiere! Da musste ich mal eben einen ganzen Haufen von Positionen auf ein anderes Depot schieben. Schließlich wollte ich ja auf meine Ausschüttungen keine überhöhte US-Quellensteuer abführen.
  • Depotübertrage zu DEGIRO? Ähem, hüstel, ein schwieriges Unterfangen, in 2020 sogar ein Ding der Unmöglichkeit. Ihr wisst schon: Corona.
  • Berücksichtigung von Kapitalrückzahlungen (ROC = Return Of Capital) von US-Unternehmen? Natürlich nicht! Ich frage mich wirklich, was DEGIRO mit den Rückzahlungen von US-Quellensteuer im Folgejahr anstellt. Mir wurden sie bisher nur zum Teil ausbezahlt. Parkt DEGIRO die Rückzahlungen etwa in der eigenen Bilanz? Ich weiß es nicht, schaut doch einmal in meinen früheren Beitrag zum Thema!

Resümee

Sehr schade, noch ein Argument weniger für DEGIRO! Vor allem, wenn der günstige Wertpapierkredit eines der wesentlichen Gründe für die Depoteröffnung bei DEGIRO war.

Günstiger bleiben v.a. Interactive Brokers mit somit in Deutschland derzeit konkurrenzlosen 1,5 Prozent für den EUR sowie der deutsche Reseller Promisioo, der die Margin-Zinssätze 1:1 von Interactive Brokers weiterreicht. Bei den anderen Resellern sind die Zinssätze höher, bei CapTrader derzeit für den EUR z.B. 2,5 Prozent.

Selbst wenn man gar keinen Wertpapierkredit aufnehmen will, sind niedrige Zinssätze natürlich von erheblichem Vorteil. Zum Beispiel, wenn man nach einem Wertpapierverkauf am gleichen Tag neue Wertpapiere kaufen möchte.

Mehr zum Thema DEGI(E)RO findet Ihr übrigens auch in dem Beitrag der Blogger-Kollegen von Atypisch Still.

DEGIRO GOES ZERO

Am 19. November ist mir nun ein weiteres Preis-Update in den Postkorb geflattert. Seltsam, bei mir auf Englisch* und mit nicht ganz korrekter Punktuation und ohne Betreff …:

Sehr geehrter Herr Widmann,
Our mission is clear: ‘retailising’ capital market access to allow everyone to shape their own financial future. Throughout the years, we have always been known for our incredibly low fees and retail access to one of the largest selections of products and exchanges. We’re taking it a step further.

As of Monday, we will offer commission-free trading on US stock exchanges. In the process, we have revised and harmonised our complete pricing schedules, taking out a lot of variable price components. The revised fees will take effect as of 20 December 2021. Aside from the commission-free pricing, which will already be live as of Monday

Quelle: Irrtümliche Kunden-E-Mail vom 19. November 2021

* DEGIRO hat sich hierfür noch am gleichen Tag entschuldigt

DEGIRO wird also ab Montag, 22. November die Gebühren für den Handel an den großen nordamerikanischen Börsen streichen. Das klingt doch erst einmal positiv. Frage mich nur, ob man das nicht alles in einem Abwasch hätte machen können. Namentlich genannt werden die New York Stock Exchange (NYSE), die NASDAQ und die Toronto Stock Exchange (TSX, ehemals TSE).

Allerdings, dafür wird nun für alle Transaktionen eine neue Gebühr eingeführt:

… haben wir zudem beschlossen, eine einheitliche und transparente Abwicklungsgebühr in Höhe von 0,50 EUR pro Transaktion zu erheben. Dies ist leider erforderlich, um externe Kosten wie Clearing- und Abwicklungskosten, Maklergebühren, Schlussnotengebühren, regulatorische Ausgaben und Ausführungskosten zu decken.

Quelle: Kunden-E-Mail vom 19. November 2021

Das „alte“ Preisverzeichnis vom 1. November und das neue Preisverzeichnis (gültig ab 20. Dezember) kann man im übrigen hier gut vergleichen (die Links finden sich unten auf der Seite).

Bild: eigene Quelle

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