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Auweia: Interactive Brokers zieht (schon wieder) um!

Letzte Aktualisierung: 17.10.2023.

Anfang 2021 wurden aufgrund des Brexits alle Interactive Brokers (IB) Accounts weg von UK zu den IB-Gesellschaften in EU-Europa (Irland, Luxemburg oder Ungarn) umgezogen. Mitte 2021 wurde dann die Niederlassung in Luxemburg (IBLUX) bereits wieder dicht gemacht. Dieses Schicksal wird in 2024 auch die IB-Kunden mit einem Account in Ungarn (IBCE) ereilen.

Ende September 2023 hat Interactive Brokers die betroffenen CE-Kunden per E-Mail informiert, dass die Kunden-Accounts von IBCE im Laufe des Jahres 2024 nach Irland (IBIE) umgezogen werden. Ob einzelne Reseller von Interactive Brokers, wie z.B. BANX, LYNX, FXFlat oder CapTrader Accounts in Ungarn unterhalten, ist mir nicht bekannt. Falls ja, wären diese natürlich ebenfalls betroffen.

Ist das jetzt eine eher unangenehme Überraschung, so wie 2021, aufgrund der schlechteren Absicherung der Vermögenswerte im Vergleich zu UK? Oder sollte man sich daran eher erfreuen?

Nachfolgend der Versuch einer Einordnung.

Die Kundeninfo von Interactive Brokers

Ich darf aus dem mir zugegangenen E-Mail-Anschreiben zitieren:

Sehr geehrte Kundin, sehr geehrter Kunde,
wie Ihnen vielleicht bereits bekannt ist, hat IBKR die Fusion von Interactive Brokers Central Europe („IBCE“) mit Interactive Brokers Ireland Limited („IBIE“) angekündigt.
Kundinnen und Kunden von IBCE werden weiterhin Zugang zu den Produkten und Dienstleistungen haben, die ihnen bisher zur Verfügung stehen. Darüber hinaus ist es uns bei* eine Freude, Ihnen mitteilen zu können, dass die Fusion für IBCE-Kunden den Zugang zu Produkten im Bereich OTC-Metalle und Währungen verbessern wird.
Als Kundin oder Kunde von IBCE sind Ihrerseits keine weiteren Maßnahmen erforderlich. Falls zusätzliche Unterlagen erforderlich sein sollten, werden wir Sie rechtzeitig darüber benachrichtigen. Weitere Informationen zu dieser Ankündigung finden Sie in unseren FAQs auf der Website Interactive Brokers.
Wir freuen uns darauf, Ihre Anlageziele weiterhin von IBIE aus zu unterstützen und hoffen, dass unser Fokus auf die Bedürfnisse europäischer Investoren Ihnen in Zukunft noch mehr Nutzen bringen wird.

* Fehler original von Interactive Brokers übernommen

Allzu viel Informationen sind also bisher noch nicht verfügbar – auch nicht in den FAQs, auf die IB verweist. Als Termin steht dort (Stand 10/2023) lediglich „sometime in 2024“. Immerhin: als Anleger muss man jedenfalls erst einmal nichts weiter tun…

Die geschäftspolitische Entscheidung


IB schreibt in seinen FAQ lediglich

IBKR has now made the strategic decision to integrate those two broker-dealers into one entity, regulated in Ireland, while retaining a significant software development and operational services presence there.

This change will allow us to focus on one set of regulatory requirements and offer a consistent product offering throughout Europe while continuing to achieve our goals and provide clients with high quality investment services.

Sicherlich können aufgrund der nun EU-weiten Nutzung der IT-Plattform Skaleneffekte (Economies of Scale) realisiert werden. Sprich: der operative Betrieb wird billiger. Noch dazu sind die regulativen Anforderungen dann zukünftig überall gleich, und es gibt fortan keinen Detailunterschiede mehr in den Services der verschiedenen Entities. Dies sollte den Kundensupport doch vereinfachen.

Unterschiedliche Dienstleistungen?

Grundsätzlich wird nach dem Umzug zu IBIE für ehemalige IBCE-Kunden alles beim Alten bleiben. Leider auch die ungeliebte MiFID II-Regelung – schließlich gehört Irland ja ebenfalls zur EU 😉
Ein paar Unterschiede zwischen IBCE und IBIE gibt es aber durchaus, wie auch IB in den FAQ schreibt:

IBIE clients can trade OTC Spot Metals (Gold and Silver) and OTC Futures on LME Metals.

IBIE clients can hold 24 currencies, compared to the 10 currencies offered by IBCE. As you can hold all trading currencies in your IBIE account, there is no auto-FX to your base currency in IBIE.

Hat man also bisher in seinem IBCE Account z.B. aufgrund eines Aktienverkaufs oder einer Dividendenzahlung Cash in einer Währung erhalten, die nicht zu den „erlaubten Einzahlungswährungen“ (EUR, USD, GBP, CHF, DKK, NOK, SEK, HUF, CZK und PLN), so wurde dieser Betrag automatisch (kostenfrei) in die Basiswährung (üblicherweise also in EUR) umgetauscht („auto-FX“).

„Short gehen“ konnte man jedoch weiterhin, z.B. durch einen Aktienkauf in einer solchen Fremdwährung.

Hintergrund warten die ungarischen Regeln für den Schutz von Kundenvermögenswerten, die sich von denen in Irland unterscheiden.

Speziell das etwas eigenartige Währungshandling ist mir als IBCE Kunde ebenfalls aufgefallen. So war es anfangs z.B. auch nicht möglich, in EUR in USD zu tauschen, wenn in Folge der Transaktion weniger also 2.000 EUR übrig geblieben sind.

Aufgrund lokaler ungarischer Regularien wurde ich überdies steuerjährlich mit einem speziellen, zusätzlichen „Common Reporting Standard Report“ belangt.

Was passiert mit meinen Depotpositionen?

Auch wenn IB von einer Fusion von IBCE mit IBIE schreibt, handelt es sich im technischen Sinne v.a. um einen Umzug, denn „IBCE client accounts will be serviced through IBIE“.

Da die technische Plattform an sich die gleiche ist, gehe ich von einem weitestgehend reibungslosen Umzug aus, bei dem die Bestände samt zugehörigen Daten ohne Änderung übertragen werden können. Besonders wichtig ist dies natürlich bei den Anschaffungskosten (cost basis).

Ich selbst habe bereits einen Umzug hinter mir, bei meinem CapTrader Account von IBUK nach IBIE. Auch wenn es zu einigen Verzögerungen kam, wurden dort seinzerzeit meine Daten korrekt übernommen.

Im Look & Feel der Plattform ändert sich sowieso nichts, und man wird sogar seine Authentifizierungs-App einfach weiterbenutzen können, wie IB schreibt: „Your username, password, and any 2-factor authentication process in place for your existing account will remain active following transfer. You will, however, be assigned a new account ID number for your transferred account.“

Die Sache mit der Anlegerentschädigung

Leider, leider ändert sich dann aber doch noch ein wichtiger Punkt: Die vieldiskutierte Anlegerentschädigung hatte sich ja bereits 2021 mit dem Umzug weg von IBUK verschlechtert… Jetzt wird sie… noch ein bisschen schlechter. Positiv formuliert: zukünftig werden die EU-weit üblichen Bedingungen gelten. Ich zitiere wieder aus den FAQ von IB:

As investment firms, both IBCE and IBIE are required to keep client funds segregated from their own funds so that if either of them becomes insolvent, client funds will not form part of their property for insolvency purposes and will be returned to their clients …
In certain cases, if an investment firm has failed to properly segregate client funds, it may not be possible to return these funds to the client should the firm becomes insolvent. Both Ireland and Hungary have compensation schemes in place to provide certain protections to clients if this happens. A key difference between those schemes is that the maximum amount of protection under the Hungarian scheme is €100,000, while the maximum amount under the Irish scheme is €20,000.

Der Wechsel vom Hungarian Investor Protection Fund zum irischen Investor Compensation Company DAC (ICCL) wird also eine weitere Verschlimmbesserung bringen. Man sollte sich jedoch auch klar machen, dass bei anderen Brokern innerhalb der EU bereits jetzt schon der schlecheren EU-Juridikation unterliegt.

Weitere Umzugsdetails

Mit dem Depotumzug erhält man, wie oben erwähnt, eine neue Konto-ID. Die alte Konto-ID wird aber vermutlich erst einmal trotzdem bestehen bleiben, sofern nach dem Umzug, ähnlich wie es schon beim Brexit-Umzug war, zwei parallele Konten existieren. Dann wird es so sein, dass eine Zeit lang noch Ausschüttungen in das alte IBCE Konto eintrudeln, während die Bestandspositionen schon längst zu dem neuen Konto umgezogen sind. Sobald dann die letzte Dividende eingetrudelt ist, bleibt das alte Konto nur noch für Berichtszwecke erhalten. Das Reporting des Brokers für das Berichtsjahr 2024 wird dann also zweigeteilt sein:

  • Das Reporting vom Jahresanfang 2024 bis zum Migrationstag von IBCE nach IBIE, und das
  • Reporting vom Migrationstag bis zum Ende des Jahres 2024.

Es spricht aber natürlich nichts dagegen, sich kombinierte Reports auf Basis von alter und neuer Konto-ID erstellen zu lassen. In der Kontoverwaltung besteht nämlich für den Bereich Berichte die Möglichkeit, die zugrundeliegenden Konten individuell auszuwählen.

Um sicher zu gehen, dass man keine nachträglichen Quellensteuer-Rückzahlungen übersieht, macht es voraussichtlich Sinn, sich spätestens Ende 2024 einen Dividenden-Report für das alte Konto zu ziehen, um alle im Laufe des Jahres 2024 erhaltene Quellensteuer-Rückzahlungen für das vorherige Steuerjahr, 2023, identifizieren zu können. Jegliches Steuer-Reporting für 2024, so auch den offiziellen Dividendenbericht, wird es dann seitens Interactive Brokers in zweifacher Ausfertigung sowohl für das alte als auch das neue Konto geben….

Last but not least wird sich die Bankverbindung für Einzahlungen auf das Depot ändern.

…und die deutsche Steuer?

Ich gehe davon aus, dass die Finanzämter den Depotumzug in der Sache einfach abnicken werden, ähnlich wie schon dem Umzug weg von UK, da es sich nicht um einen Depottransfer i.e.S. handelt und sich der Depotinhaber nicht ändern wird.

IBIE zahlt ebenso wie bisher IBCE Guthabenzinsen im Rahmen des „Programms zur Steigerung der Cash-Rendite“ (dem Cash Yield Enhancement Program – CYEP), allerdings sind die Zinsen etwas höher, zumindest war dies mit Stand 17.10.2023 so.

Erhaltene Guthabenzinsen sind natürlich im Rahmen der Anlage KAP zu versteuern!

Achtung: Wertpapierleihe neu akzeptieren

Noch ein wichtiger Hinweis, falls Ihr bisher an dem „Aktienrendite-Optimierungsprogramm“ (Stock Yield Enhancement Program) teilgenommen habt:

Zumindest beim Umzug weg von IBUK war es so, dass man diesem neu zustimmen musste, siehe unter Kontoeinstellungen / Aktienrendite-Optimierungsprogramm.

Dummerweise kann es dann ein paar Monate dauern, bis dann auch wieder bei IBIE Einkünfte aus dem Wertpapierverleih fließen!

Persönliches Resümee

Tja, die Anlegerentschädigung … wie geschrieben, ist diese EU-weit mit 20.000 EUR leider nicht die Beste. Insofern macht auch ein Transfer der bei Interactive Brokers verwalteten Vermögenswerte zu einem anderen EU-Broker keinen Sinn. Grundsätzlich sollte man aber, wie bei der Kapitalanlage generell, nicht alle Eier in den gleichen (Broker-)Korb legen!

Dass mein Depot zukünftig in Irland liegt statt in Ungarn hat jedenfalls auch seine guten Seiten. Schließlich ist es seit Orban um die Rechtsstaatlichkeit in Ungarn ja nicht allzu gut bestellt. Und wer weiß schon, ob Ungarn in fünf Jahren noch in der EU sein wird?!

Vielleicht, ja vielleicht, ist das ja auch der wahre Grund für den Umzug von Interactive Brokers?

Und jetzt… freue ich mich über Euer Feedback!

Bild von 12019 auf Pixabay

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