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Omega Healthcare Investors: alljährliches Abrechnungschaos bei deutschen Depotbanken

Letzte Aktualisierung: 02.03.2022.

Anleger, die etwa in US-REITs investieren, kennen das Spiel: Zu Anfang eines jeden neuen Jahres werden die Dividendenabrechnungen des Vorjahres noch einmal korrigiert, da Teile als Kapitalrückzahlungen (Return Of Capital) bzw. „Nondividend Distributions“ deklariert werden. Eine schöne Sache, Steuerfreiheit winkt! Eigentlich. „Uneigentlich“ erhalten Anleger bei deutschen Depotbanken, jedoch einen Wust von Belegen (vier pro Dividende), und zahlen am Ende ggf. noch Steuern nach! Wie kommt es also zu diesem Wirrwarr und wie kann man diese Berechnungen selbst noch nachvollziehen?

US-REIT Omega Healthcare Investors (OHI)

Nun, dazu ein Beispiel, zu dem ich auch bereits einen Beitrag geschrieben hatte: Omega Healthcare Investors (Symbol: OHI), ein bei Dividendenjägern sehr beliebter US-amerikanischer REIT (Real Estate Investment Trust), der eine Art „betreutes Wohnen“ anbietet. Wer sich genauer für den Titel interessiert kann z.B. gerne bei dem Einkommensinvestoren-Podcast meines Bloggerkollegen Luis Pazos vorbeischauen.

Wie zu jedem Jahresanfang kam es nun, Anfang 2022, zu einer steuerlichen Reklassifizierung der Quartalsdividenden aus dem Vorjahr.

Selbst halte ich diesen Titel in einem Auslandsdepot, so dass sich bei mir der Aufwand für die Reklassifizierung in Grenzen hält und ich die Neubuchungen gut nachvollziehen kann. Schwieriger wird es jedoch mit einem Depot bei einem deutschen Broker: Grob gesagt liegt dies daran, dass in einem deutschen Depot neben der US-Quellensteuer auch die deutsche Abgeltungsteuer fällig wird, und es darüber hinaus noch verschiedene Verlusttöpfe und ggf. Freistellungsaufträge zu berücksichtigen gilt.

Ein Anlegerbeispiel

Hier also ein konkretes Beispiel auf Basis der Abrechnungen des Smartbrokers, der Depot und Konto ja von der BNP Paribas führen lässt.

Pardon schon einmal für die vielen Zahlen und Berechnungen, die da gleich kommen werden. Nun, ICH habe mir das deutsche Steuerrecht ja auch nicht selbst ausgedacht … 😉

Vielen Dank an dieser Stelle an einen geneigten Leser meines Blogs, der mir hierfür seine Abrechnungsbelege zur Verfügung gestellt hat! Leser-Zitat: „da wird mir ja vom Lesen nachträglich noch einmal ganz schwindlig.“

Die Abrechnungen bei der Onvista Bank, bei der ich auch Kunden bin, sind übrigens genau gleich aufgebaut.

Hier nun also die Details zu der Dividendenzahlung in 2021:

  • Stückzahl: 680
  • Zahltag: 13.08.2021
  • Dividende: 0,670000 USD pro Stück
  • Umrechnungskurs EUR/USD: 1,17581
  • Brutto-Dividende: 387,48 EUR
  • Gutschrift auf Depotkonto („Beitrag zu Ihren Gunsten“): 288,48 EUR

Ich denke, diese Zahlen lassen sich erst einmal gut nachvollziehen: 680 Stück x 0,67 USD / 1,17581 = 387,48 EUR Brutto-Dividende (gerundet).

Davon ziehen wir 25% Kapitalertragsteuer (KESt) und darauf wiederum 5,5% Soli ab? Äh, nein, normalerweise haben wir ja erst einmal 30% US-Quellensteuer (QSt) zu berücksichtigen, die jedoch hoffentlich, dank der Dienstleistung des Brokers, bereits auf 15% vorabreduziert wurden. US-QSt (15%) somit 58,12 EUR. Verbleiben noch 10% KESt (38,75 EUR), sowie davon 5,5% Soli (2,13 EUR). So weit, so klar.

Merkwürdig nur, dass auf der Abrechnung ein Betrag von 155,00 EUR als „zu versteuern“ ausgewiesen ist. 25% von 155,00 EUR sind … 38,75 EUR, also die oben berechnete KESt. Warum nun BNP Paribas diese 155,- EUR überhaupt ausweist, ist mir, offen gesagt ein Rätsel. Schließlich beträgt die Steuerpflicht ja nicht 25% von 155,00 EUR, sondern 10% von 387,48 EUR. Feedback zu diesem buchhalterischen Winkelzug willkommen! Trotzdem: alle Zahlen sind erst einmal nachvollziehbar!

Kommen wir nun also zur Reklassifizierung der Dividende im Folgejahr, mithin also erst einmal zur Stornierung der erhaltenen Dividende in 2022. Bei meiner Depotbank, Interactive Brokers, war das am 04.02.2022 der Fall. Konkret: 4,380209% der Dividende war Return Of Capital (ROC). Die gut 4% ROC auf die Dividende in 2021 sind übrigens für REITs noch sehr im Rahmen. Im Steuerjahr 2020 waren es bei OHI z.B. fast 25% ROC.

Die Infos zur Reklassifizierung der Dividende finden Anleger bei US-Unternehmen meist online unter dem Punkt „Tax Treatment“, im Formular „Form 8937“. ROC wird dabei oft als „Nondividend Distributions“ tituliert.

Dividenden-Storno

Der Smartbroker hat nun erst einmal am 08.02.2022 die alte Dividende storniert:

  • Stückzahl: 680
  • Zahltag: 13.08.2021
  • Dividende: 0,670000 USD pro Stück
  • Umrechnungskurs EUR/USD: 1,17581
  • Brutto-Dividende: 387,48 EUR
  • Lastschrift auf Depotkonto („Beitrag zu Ihren Lasten“): 288,48 EUR

Jetzt wird es langsam haarig: Es folgt auf der gleichen Abrechnung eine weitere Lastschrift („Beitrag zu Ihren Lasten“) in Höhe von 75,42 EUR für KESt (71,49 EUR) und Soli (3,93 EUR).

Mit dem Dividenden-Storno zahle ich also noch mehr Steuern als ich bei Erhalt der Dividende schon zahlen musste. Wie kann das sein?

Exkurs: deutsche Steuer-Verlusttöpfe

Für die Komplexität im Verständnis sorgen die drei deutschen Steuer-Verlusttöpfe:

  • Verluste aus Aktien (= Aktienverlusttopf)
  • Verluste aus Kapitalvermögen ohne Aktien (= allgemeiner Verlusttopf = sonstige Gewinne/Verluste)
  • Ausländische Quellensteuer (= QSt-Verrechnungstopf)

Verluste aus Aktienverkäufen dürfen nur mit Gewinnen aus Aktienverkäufen verrechnet werden. Das heißt aber nicht, dass Gewinne aus Aktienverkäufen nicht mit allgemeinen/sonstigen Verlusten verrechnet werden dürfen. Vielmehr entsteht eine Abfolge im Ablauf:

Zuerst verrechnet man Aktiengewinne mit Aktienverlusten,
danach auch noch mit allgemeinen/sonstigen Verlusten.

Wurden Aktiengewinne bereits mit dem allgemeinen Verlusttopf verrechnet, tritt darüber hinaus eine Besonderheit auf: Neu hinzukommende Aktienverluste müssen dann zuerst mit diesen Aktienkursgewinnen verrechnet werden. Das hat somit zur Folge, dass die neu hinzugekommenen Aktienverluste solange den allgemeinen Verlusttopf vergrößern, bis die Summe den bereits verrechneten Aktiengewinnen entspricht. Erst danach werden die Aktienverluste wieder dem Aktienverlusttopf gutgeschrieben.

Zinsen, Ausschüttungen und Dividenden (also auch die von Aktien) werden immer dem allgemeinen Verlusttopf zugerechnet, ebenso wie z.B. die Verluste beim Verkauf von Fonds. Als Fonds im Sinne des Gesetzgebers gelten seit 2018 übrigens auch „alternative Investmentfonds“, wie z.B. US-REITs (auch OHI!) oder diverse Beteiligungsgesellschaften. Ein bekanntes Beispiel ist hier die BB Biotech AG.

Erhaltene Dividenden werden also im allgemeinen Verlusttopf berücksichtigt. So denn in diesem Topf bereits etwas enthalten ist, wird dieser Betrag um die erhaltenen Dividenden verkleinert. Solange noch etwas im Verlusttopf drin ist, muss für die erhaltene Dividende auch keine deutsche Steuer abgeführt werden.

Mit dem Dividenden-Storno, sozusagen einer negativen Dividende, wird der Verlusttopf dagegen vergrößert, und es muss für diesen Betrag KESt und Soli abgeführt (!) werden. Man kann es auch so formulieren: Die Vergrößerung des Verlusttopfes bringt dem Anleger ein „Anrecht“ darauf, bei einer späteren Nutzung keine KESt und Soli zu zahlen.

Wer das alles noch genauer wissen will, kann gerne einmal hier nachlesen.

Nachzahlung von Abgeltungsteuer

Bei der Stornierung des Smartbrokers wurde nun, anders als noch bei der Dividendengutschrift, von 25% KESt ausgegangen. Das macht ja Sinn, denn bei „normalen“, deutschen Dividenden kann ja keine ausländische QSt angerechnet werden, und es sind eben statt 10% nun die 25% fällig und es kommt zu der oben genannten Nachzahlung von KESt und Soli.

Die Einzelbeträge errechnen sich wie folgt:

  • 25% von 387,48 EUR sind 96,87 EUR, die an KESt. abzuführen wären.
  • In meinem Anlegerbeispiel befanden sich jedoch noch 25,38 EUR im QSt-Topf.
  • 96,87 EUR abzgl. 25,38 EUR ergeben nun die 71,49 EUR KESt, die jetzt noch abzuführen waren.
  • Bezahlt hat der Anleger bereits, mit Erhalt der Dividende in 2021, 38,75 EUR KESt.
  • Die 71,49 EUR abzgl. den 38,75 EUR ergeben 32,74 EUR. Dieser Betrag steht unter „im laufenden Jahr einbehaltene Kapitalertragsteuer“.

Kapitalrückzahlung (Return Of Capital)

Weiter geht es nun mit dem Steuer-Irrsinn. Bisher wurde die Dividende ja nur storniert. Der Grund der Stornierung ist ja, dass ein Teil der Dividende als Kapitalrückzahlung (Return Of Capital = ROC) deklariert wurde. Mithin also steuerfrei sein sollte.

Für die Rückzahlung des ROC hat der Smartbroker dem Anleger am 10.02.2022 eine weitere Abrechnung zugesendet:

  • Stückzahl: 680
  • Zahltag: 13.08.2021
  • Dividende: 0,029347 USD pro Stück
  • Umrechnungskurs EUR/USD: 1,17581
  • Steuerpflichtiger Ausschüttungsbetrag: 16,97 EUR
  • Lastschrift auf Depotkonto („Beitrag zu Ihren Gunsten“): 16,98 EUR

Erst einmal nachvollziehbar? Wohl ja, allerdings, wieso „Steuerpflichtiger Ausschüttungsbetrag“? Und warum wurde trotzdem der volle Betrag überwiesen?

Hier hätte ich erst einmal erwartet, dass der ROC-Teil steuerfrei ist. Ist er aber lt. der vorliegenden Abrechnung nicht. Entsprechend ist der ROC-Teil der Dividende ebenfalls als „Dividendengutschrift“ bezeichnet, nicht jedoch als „Kapitalrückzahlung“.

Der einzige Vorteil der Reklassifizierung für den Anleger ist also, dass auf den ROC-Teil nunmehr keine US-QSt mehr fällig wird. Zwar wurde vermeintlich auch keine KESt einbehalten (25% auf die 16,97 EUR wären 4,25 EUR), dafür wurde aber der vorhandene QSt-Topf entsprechend verkleinert (!).

Hätte denn die Depotbank den ROC steuerlich freistellen können? Nun, in meinem Beispiel: nein! Denn mein Beispiel-Anleger hatte seine Anteile zwischenzeitlich, Ende 2021 sowieso wieder veräußert. Damit entfällt für die Depotbank die Möglichkeit, die Anschaffungskosten des Wertpapiers bei einem späteren Verkauf entsprechend zu mindern.

Allerdings, die deutschen Depotbanken behandeln ROC bei US-Papieren sowieso meist nicht wie eine Kapitalrückzahlung, wie man sie etwa bei vielen deutschen Aktien kennt: Erfolgte nämlich die Ausschüttung der Dividende als Leistung aus dem steuerlichen Einlagenkonto gemäß § 27 KStG, gilt diese als steuerfreie Rückzahlung der Einlagen an die Anteilseigner und unterliegt somit nicht dem Abzug von KESt. Allerdings werden aber die Anschaffungskosten des Wertpapiers entsprechend gemindert. Folglich sind dann eben bei einer Veräußerung mehr Steuern zu zahlen. Also keine Steuervermeidung, sondern eine Steuerverschiebung. Stichwort: nachgelagerte Besteuerung!

Üblicherweise besteuert die deutsche Depotbank also den ROC-Teil ebenfalls. Man spart sich durch die Reklassifizierung also lediglich den entsprechenden Teil der US-QSt.

Ich gehe davon aus, dass Smartbroker, wie auch die anderen deutschen Depotbanken, das Handling des ROC nicht für jedes Papier ad hoc entscheidet, sondern den WM Datenservice zu Rate zieht, den Datenlieferanten für alle Banken, die sich in Deutschland um die hiesigen steuerlichen Begebenheiten kümmern müssen.

Wenn man den ROC auch bei US-Papieren abgeltungsteuerfrei kassieren möchte, empfehle ich für diese Papiere ein Auslandsdepot. Sofern das Finanzamt mitspielt, kann ich den ROC-Teil von der Besteuerung freistellen, dafür aber die Anschaffungskosten des Papiers entsprechend mindern.

Neuberechnung der Dividende

Genug Abrechnungen? Noch nicht! Für die um den ROC geminderte Neuabrechnung der Dividende hat der Smartbroker dem Anleger, ebenfalls am 10.02.2022, einen weiteren Beleg zugesandt:

  • Stückzahl: 680
  • Zahltag: 13.08.2021
  • Dividende: 0,640653 USD pro Stück
  • Umrechnungskurs EUR/USD: 1,17581
  • Steuerpflichtiger Ausschüttungsbetrag: 370,51 EUR
  • Lastschrift auf Depotkonto („Beitrag zu Ihren Gunsten“): 314,92 EUR

In diesem Fall wurde dem Anleger also lediglich die 10% US-QSt (55,58 EUR) abgezogen.

Verkauf des Wertpapiers

Man muss sich sicherlich nicht wundern, wenn Anleger sich, ob des Steuerthemas, von derartigen Papieren wieder trennen … daher noch ein paar Worte zum Verkauf des Wertpapiers:

Wie schon oben ausgeführt, wird OHI nicht etwa als Aktie, sondern als Fonds ohne Teilfreistellung behandelt. Anteile an US-REITs gelten in Deutschland seit dem Investmentsteuergesetz (InvStG) 2018 als „collective investment funds“, genau genommen als „alternative Investmentfonds“ (AIF). OHI ist also kein REIT nach §1 Abs. 1 REIT-Gesetz, aber auch kein anderer REITs (nach §19 Abs. 5 REIT-Gesetz). Zu diesem Thema kann ich Euch den Beitrag „Hilfe, meine Aktie ist ein Fonds!“ auf dem Domikratie-Blog empfehlen.

Da also OHI nicht als Aktie, sondern als Fonds ohne Teilfreistellung behandelt wird, kann ein entstandener Verlust innerhalb des allgemeinen (!) Verlusttopfes mit erhaltenen Dividenden oder Veräußerungserlösen von anderen, „richtigen“ Investmentfonds und ETFs verrechnet werden.

War der allgemeine Verlusttopf zum Zeitpunkt des Verkaufs schon leer, d.h. der Anleger hat bereits Abgeltungsteuer auf andere Gewinne gezahlt, erhält der Anleger im Rahmen eines Steuerausgleiches (siehe § 43 a EStG), neben dem eigentlichen Veräußerungserlös, auch die 25% KESt sowie die 5,5% Soli auf den Veräußerungsverlust zurück.

Und jetzt: Ihr!

So! Das waren jetzt wie viele Abrechnungen pro Dividende? VIER!

Und jetzt nehmt diesen Abrechnungswahnsinn noch x 4, denn OHI hat ja insgesamt vier Dividenden in 2021 ausgeschüttet.

Braucht man das? Ich denke nein: Also, solche Papiere hält man doch besser in einem Auslandsdepot. Über die Vor- und Nachteile könnt Ihr Euch z.B. hier informieren.

Bei der Abrechnung der OHI-Dividenden berichten aktuell übrigens auch andere Anleger von Schwierigkeiten beim Smartbroker, mithin also BNP Paribas. Statt einer Dividendenzahlung gab es erst einmal lange Gesicher und eine Steuernachzahlung, wohl jeweils in Verbindung mit den Verlusttöpfen.

So, und jetzt freue ich mich über Euer Feedback! Wie sind Eure Erfahrungen beim Return Of Capital (ROC)? Wie handhabt dies Eure Depotbank?

Bild von Steve Buissinne auf Pixabay

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