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Return Of Capital: die alljährliche Reklassifizierung von Dividenden am Beispiel Omega Healthcare

Letzte Aktualisierung: 16.03.2022.

Was hat es mit dem „Return Of Capital“ auf sich? Wie funktioniert die Reklassifizierung von Dividenden? Und was hat das Ganze mit der Wahl Deines Brokers zu tun? Am Beispiel des beliebten REITs Omega Healthcare Investors (Symbol: OHI) werde ich heute einmal etwas tiefer in die Materie tauchen.

Zum Hintergrund

Seit 2018 besitze ich 300 Aktien von Omega Healthcare Investors (Symbol: OHI). Sie lagern in meinem Depot bei dem (Auslands-)Broker CapTrader, einem der vielen Introducing Broker von Interactive Brokers.
OHI ist ein bei Dividendenjägern sehr beliebter US-amerikanischer REIT (Real Estate Investment Trust), der eine Art „betreutes Wohnen“ anbietet. Wer sich genauer für den Titel interessiert kann z.B. gerne mal bei dem Einkommensinvestoren-Podcast meines Bloggerkollegen Luis Pazos vorbeischauen.

Wie zu jedem Jahresanfang kam es nun, Anfang 2021, oh Schreck, zu einer steuerlichen Reklassifizierung der Dividenden aus dem Vorjahr. Wie kommt es zu dem ganzen Hin- und Her? Was muss ich als dividendenorientierter Anleger hierzu wissen?

Verschiedene Bestandteile angelsächsischer Dividenden

Zum Hintergrund muss man wissen, dass es z.B. in den USA und Kanada üblich ist, die Ausschüttungen in verschiedene Bestandteile zu splitten, u.a.:

  • Interest from RIC (Qualified Dividends) – Zinsen von einer „Regulated Investment Company“
  • (Long Term) Capital Gains – Erträge aus realisierten und nicht realisierten Kapital- bzw. Kursgewinnen
  • Ordinary Dividends – reguläre Dividenden
  • Return Of Capital – Kapitalrückzahlungen
  • Section 199A Dividends (Not Qualified Dividends)

Die genaue Höhe der einzelnen Bestandteile ergibt sich, leider, leider, final erst rückwirkend für das Vorjahr: Nämlich aus der Bilanz bzw. der GuV (Gewinn- und Verlustrechnung) des Unternehmens.

Unterschiedliche Quellensteuer-Behandlung

Einzelne Bestandteile der US-Dividenden, nämlich

  • Long Term Capital Gains,
  • Return Of Capital

sind von der US-Quellensteuer befreit. Davon hat man als deutscher Anleger aber erst einmal nichts: Zwar kann die bereits bezahlte Quellensteuer bei der Steuererklärung angerechnet werden, aber auf den Rest bezahlt man die wohlbekannten 25 Prozent Abgeltungsteuer zzgl. Soli und ggf. Kirchensteuer.

Schlimmer noch: Da man weniger Quellensteuer vorab anrechnen konnte, bezahlt man letztlich sogar auf einen umso höheren Teil Soli und Kirchensteuer.

Bei dem „Return Of Capital“ (ROC) handelt es sich jedoch um Kapitalrückzahlungen. Auf diesen Teil muss üblicherweise keine deutsche Abgeltungsteuer bezahlt werden. Ist ja auch irgendwie logisch, denn es handelt sich ja, wie geschrieben, eigentlich um eine (Teil-)Rückzahlung des investierten Kapitals.

Ist ROC wirklich steuerfrei?

Darf man sich also an der Steuerfreiheit von ROC erfreuen? Nein, leider, nicht wirklich. Oder zumindest seit langem nicht mehr, wenn die Papiere nach Einführung der Abgeltungsteuer 2009 gekauft wurden.

Zeitgleich mit Auszahlung der Dividende sind dann nämlich die im Depot ausgewiesenen Anschaffungskosten der Papiere exakt um den ROC-Teil zu kürzen. Zumindest bei deutschen Brokern sollte diese Kürzung der Anschaffungskosten automatisch erfolgen. Bei manchen Auslandsbrokern muss man den Einstandskurs ggf. selbst entsprechend mindern. Mein Broker CapTrader (bzw. Interactive Brokers) weist die Anpassung der Anschaffungskosten übrigens im Reporting unter „Cost Adjustments“ aus.

Jedenfalls: durch die reduzierten Anschaffungskosten handelt es sich letztlich „nur“ um eine Steuerverschiebung. Spätestens beim Verkauf der Papiere darf man also entsprechend mehr Steuern bezahlen. Aber natürlich nur dann, wenn der Kurs nicht in gleichem Maße unter dem ROC gelitten hat … und: idealerweise hält man als Einkommensinvestor den Titel über viele Jahre, bevor es dann ggf. zu einer Steuerzahlung kommt.

Achtung: Langfristanleger!

Wie oben beschrieben, ist der realisierte Kursgewinn abgeltungsteuerpflichtig, der sich aus der Differenz zwischen dem erzielten Verkaufspreis und den um den erhaltenen ROC gekürzten ursprünglichen Anschaffungskosten ergibt. An- und Verkaufsspesen für die Wertpapiertransaktionen werden dabei wie gewohnt steuermindernd einbezogen. Langfristanleger müssen jedoch bereits dann Steuern auf die Dividenden zahlen, wenn die ROC-Ausschüttungen die eigenen Anschaffungskosten für die Wertpapiere im Depot rechnerisch aufgezehrt haben.

Exkurs: Sind die Ausschüttungen wirklich nachhaltig?

Oft handelt es sich bei dem ROC um Abschreibungen auf die historischen Anschaffungskosten des Anlagevermögens, die zwar den Bilanzgewinn, nicht aber den Einnahmeüberschuss des Unternehmens drücken. Zahlt das Unternehmen generell einen hohen Prozentsatz an ROC zurück, ist natürlich zu hinterfragen, ob diese Ausschüttungen nachhaltig sind. Womöglich erhält man lediglich, über einen längeren Zeitraum gestreckt, das selbst investierte Kapital zurück. Um dies zu beurteilen, sollte man sich die Wertentwicklung der Aktie oder des Fonds über einen längeren Zeitraum ansehen. Geht es da nur abwärts, ist Vorsicht angebracht, da offensichtlich nur aus der Substanz ausschüttet wird. Das Kapital also quasi „verrentet“ wird.

Besonders heikel sind auch Anlagevehikel, deren hohe Ausschüttungen auf eine, wie auch immer geartete, Auswahl von Hochdividendenwerten beruht. Als Negativbeispiel verweise ich hier gerne auf den US-ETF „Global X SuperDividend ETF“ (Kürzel: SDIV), bzw. den seit 2022 erhältlichen UCITS-Ableger, der sich unter deutschen Einkommensinvestoren großer Beliebtheit erfreut. Meines Erachtens ist dieser ETF nicht wirklich nachhaltig, da er kraft des verwendeten Indexes (Solactive Global SuperDividend Index) zu viel in Dividendenwerte investiert, die ihre besten Tage bereits hinter sich haben.
Eine ausführliche Vorstellung des ETFs findet Ihr z.B. bei meinem Bloggerkollegen Luis Pazos bei Nur Bares ist Wahres!

Sonderfall CEFs

Bei US-ETFs, und v.a. den sog. CEFs (Closed End Funds), sollte man allerdings andere Bewertungsmaßstäbe ansetzen als man es in Deutschland gewohnt ist. Vielfach werden diese Titel von Pensionären, als Teil ihrer Altersvorsorge, gehalten. Dementsprechend ist eine verlässlich gleichbleibende Ausschüttungshöhe bei diesen Titeln von großer Bedeutung. Miete und Mittagessen wollen ja schließlich verlässlich finanziert sein. Erwirtschaftet der Fonds temporär zu wenig, wird dies eben durch ROC ausgeglichen, und die Ausschüttungshöhe kann konstant gehalten werden.

Der ROC sollte dokumentiert werden

Weil das alles so ist, sollte also über den ROC-Anteil der Ausschüttungen Buch geführt werden. Entweder, ich mache das selbst, oder mein Broker tut das für mich. Oder beides, doch dazu später mehr.

Mancher Kunde bei einem (deutschen) Broker denkt da sicher mit Grausen an die Vielzahl von Belegen, die hierfür bei den entsprechenden Titeln fortlaufend produziert wird:

  • Dividendenzahlungen,
  • Dividendenrückzahlungen,
  • Neuberechnungen etc.

Damit einhergehend natürlich auch die entsprechenden Kontobuchungen samt Steuerrückzahlungen, ggf. unter Einbeziehung der verschiedenen Steuertöpfe.

ROC – 1:0 für den Auslandsbroker

Das unübersichtliche Gewirr an Einzelbuchungen zu jeder Ausschüttung kann man sich bei Auslandsbrokern weitgehend ersparen. Denn: anfangs wird jeweils auf die gesamte Ausschüttung Quellensteuer abgeführt, aber noch keine Abgeltungsteuer. Mit der Reklassifizierung der Ausschüttungen im Folgejahr kommt es dann zu einer Rückzahlung zu viel gezahlter ausländischer Quellensteuer. Darüber hinaus steht nun genau fest, welcher Teil steuerfrei vereinnahmt werden kann, und welcher Teil noch der deutschen Abgeltungssteuer zu unterwerfen ist. Auf dem Abwicklungskonto sehe ich von der Abführung der Abgeltungssteuer … nichts. Denn sie wird ja erst im Rahmen der Steuererklärung fällig!

Allerdings wird der ROC nicht bei allen Auslandsbrokern korrekt gehandled. Entsprechende Erfahrungen habe ich hier etwa mit DEGIRO gemacht.

Steuerjahr 2020: Zahlungströme in 2020 & 2021

Kommen wir nun endlich zu dem konkreten Beispiel Omega Healthcare Investors.
OHI schüttet, wie es für viele angelsächsische Papiere typisch ist, quartalsweise aus. In 2020 habe ich demzufolge für meine 300 Aktien

  • vier Ausschüttungen erhalten, und zwar zum 14.02.2020, 15.05.2020, 14.08.2020 und 16.11.2020,
  • jeweils 201,00 USD (0,67 USD pro Aktie),
  • jeweils abzgl. 15 Prozent US-Quellensteuer (30,15 USD).

2021 wurde dann steuerlich reklassifiziert. Mein Broker, CapTrader, hat mir daher am 21.01.2021 die in 2020 bezahlte Quellensteuer für die vier Dividendentermine zu 100 Prozent zurück bezahlt, und mich dafür mit 73,2 Prozent des ursprünglichen Quellensteuerbetrages (22,07 EUR) viermal neu belastet.

Woher kommt nun dieser Prozentsatz her?
Am besten schaut man hierfür jeweils auf der Homepage des Wertpapieremittenten unter den Rubriken „Investor Relations“ bzw. „Tax Forms“ nach.

Bei der Dividendenübersicht auf der OHI-Homepage für das Jahr 2020 findet sich bereits der Hinweis, dass jeweils 24,3812% der Zahlung ROC war.

Zur Ermittlung des ROC sollte man generell nach dem Formular 8937 suchen. Bei OHI findet sich dieses Dokument derzeit unter Stock Information / Form 8937 – Organizational Actions.
Rechnet man die angegebenen ROC-Beträge um, kommt man wiederum auf die 24,3812%

Nun, 100% – 24,3812% sind aber ja 75,6188% und nicht 73,2%. Wo kommt also die Differenz her?

Diese findet sich unter Stock Information / Dividend Taxation, in dem Dokument „2020 Dividend Tax Treatment“.
Hier ist dann zu ersehen, dass 2,432310% der jeweiligen Dividende „Capital Gains“ waren, die ebenfalls nicht der US-Quellensteuer unterliegen.

Aha, jetzt ist also klar, wie die exakte Höhe der Quellensteuer-Rückzahlung zustande gekommen ist!

ROC und deutsche Abgeltungssteuer

Wie oben erläutert, basiert ein Teil der Quellensteuer-Rückzahlung auf ROC, ein anderer Teil auf „Capital Gains“. Für die deutsche Abgeltungssteuer relevant ist aber nur der ROC-Teil. Um diesen Teil dürfen wir nun die Dividendenzahlung mindern, um den steuerbaren Teil der Ausschüttung zu erhalten.

So what? Im besten Fall kümmert sich ja mein Broker um diese Zahlen. Und wenn nicht? Habe ich durchaus schon erlebt. Zum Zwecke der besseren Nachvollziehbarkeit notiere ich mir daher persönlich (Excel ist dein Freund!) pro Dividendenzahlung die folgenden Beträge:

  • Datum (Pay Date) der Dividende
  • Brutto-Dividende in Originalwährung
  • ROC in Originalwährung
  • abgeführte Quellensteuer in Originalwährung
  • Wechselkurs am Tag des Erhalts der Dividende
  • Quellensteuer-Rückzahlung in Originalwährung
  • steuerbare Dividende (Brutto-Dividende – ROC) in Originalwährung
  • steuerbare Dividende (Brutto-Dividende – ROC) in Euro bzw. Basiswährung

Damit ist es mir möglich, unabhängig vom Broker-Reporting, die bezahlten Quellensteuern sowie den noch zu versteuernden Teil der Dividenden für die Anlage KAP zu ermitteln.
Da ich Konten bei mehreren Auslandsbrokern unterhalte, schaffe ich mir hiermit darüber hinaus auch ein einheitliches Reporting.

Die notwendige Anpassung der Anschaffungskosten (Kürzung um erhaltenes ROC), jeweils zum Jahresende, sollte damit auch kein Hexenwerk mehr sein.

Falls Ihr ebenfalls bei einem Introducing Broker von Interactive Brokers seid: die Aufschlüsselung der Dividenden findet Ihr im Dividend Report des jeweiligen Vorjahrs. Nur dieser ist also steuerlich relevant, nicht jedoch die entsprechenden Activity Reports!

Den Wechselkurs am Tag des Erhalts der Dividende erhalte ich übrigens automatisch mit der Übersicht der an dem jeweiligen Börsentag erhaltenen Ausschüttungen. Diesen Bericht lasse ich mir börsentäglich zuschicken.

Der Dividendenbericht von Interactive Brokers

Aufgrund eines Leserkommentars habe ich das obige Beispiel zu OHI genutzt, die Zahlen aus dem „Dividend Report Tax Year 2020“ einmal genauer zu erläutern:

Ursprüngliche Kontobewegung zum Zeitpunkt der Dividendenzahlung am 14.02.2020:

  • Zufluss von netto 170,85 EUR: Bruttodividende von 201,00 USD abzgl. 15% (30,15 USD) abgeführter US-Quellensteuer (QSt)

Korrektur/Reklassifizierung der Dividende am 14.02.2021:

  • Rückzahlung der in 2020 abgeführten 30,15 USD US-Quellensteuer, dafür neuerliche Belastung mit 22,07 USD US-Quellensteuer

Bezug zum „Dividend Report Tax Year 2020“, also dem Dividendenbericht von Interactive Brokers für das Steuerjahr 2020:

  • Wie in meinem Beitrag erwähnt, sind 24,3812% der Bruttodividende ROC, mit meinen Zahlen das also 49,01 USD. Die restliche Dividende ist zum größten Teil „Section 199A Dividends“ und nicht (Quellen-)steuerfrei.
  • Für die 49,01 USD ROC muss keine deutsche Abgeltungsteuer abgeführt werden, sondern nur für die restlichen 151,99 EUR Dividende.
  • Als „Subtotal“ für „Withhold in USD“ stehen bei mir 22,07 USD, also der tatsächlich abgeführte Quellensteuer-Betrag, und nicht der ursprünglich in 2020 abgeführte Betrag!
  • Es handelt sich also bei dem „Withhold in USD“-Betrag um die Summe aller in 2020 und 2021 für diesen Dividendentermin abgeführten und später wieder zurück gezahlten US-Quellensteuern!

Erhaltene Dividenden und abgeführte Quellensteuern finden sich auch jeweils in den „normalen“ Activity-Reports der betreffenden Periode bzw. des betreffenden Datums, sind aber steuerlich nicht zu gebrauchen, da ja noch Reklassifizierungen von Vorjahresdividenden zu erwarten sind. Insofern kann ich von der Nutzung der Activity-Reports für die Steuererklärung nur abraten, selbst wenn dies Interactive Brokers so empfiehlt!

Eine Ausnahme sind selbstverständlich Ausschüttungen von Wertpapieren, für die keine Reklassifizierung zu erwarten sind.

Der Dividendenbericht ist für die Steuererklärung zwar sehr nützlich, dennoch sollte man die Zahlen nicht ungeprüft übernehmen. Insbesondere, weil Interactive Brokers das Ex-Date und nicht das Pay-Date einer Dividendenzahlung zur zeitlichen Zuordnung in das jeweilige Steuerjahr nutzt. Weitere mögliche Gründe für Differenzen zum deutschen Steuerreporting hatte ich bereits hier erwähnt.

Und nun: Ihr!

Wie sind Eure Erfahrungen beim ROC? Wie handhabt dies Eure Depotbank? Sind die Zahlen und das Broker-Reporting überhaupt nachvollziehbar? Ich freue mich auf Euer Feedback!

Bild von Steve Buissinne auf Pixabay

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